Kalk und Marmor

19.10.2016

Kalk und Marmor

Kalk! - Was anfangen mit Kalk? - Versenken sagt Crelala. - Tief, tief und immer tiefer, - tief genug bis genug Druck darauf lastet. Dann lange warten! Lang, lang und immer länger, lang genug, bis der Kalk beginnt zu kristallisieren und dann noch ein bisschen, bis sich die Stoffe im Kalk beginnen selbst zu organisieren, bis Eisen rot bändert, Kohlenstoff schwarz, Kupfer grün, bis die Erde sich als Künstler erweist und ein Kunstwerk erschafft, das Jahrmillionen später als Marmor wieder auftaucht und den Betrachter verzückt. So sehr, dass er grosse Blöcke aus der Erde schneidet und daraus Menschen formt. Menschen oder Tiere oder Pflanzen oder Säulen oder anderes, was er als wert empfindet, dass es die Zeit auch weiterhin überdauert. Er hämmert, sägt und meisselt, bis er das von der Erde vorbereitete Kunstwerk vollendet. Dann irgendwann, eines Tages, nur eine Zahl das Jahr in dem es war, eine Zahl, die dort, wo die Sonne aufgeht, keine Bedeutung hat, in diesem Jahr, auf einem Flecken Erde, wo die Sonne oft scheint, in einem Land, das aussieht wie ein Stiefel, erschafft ein Künstler einen nackten Mann als Synonym für Jugend, Schönheit, und perfekte Männlichkeit, der seither in aller Welt als DAS Kunstwerk schlechthin gilt. Der Name des Schöpfers inzwischen unsterblich: Michelangelo di Lodovico Buanorotti Simoni! - Michelangelo und sein marmorner David, was wären die Beiden ohne Kalk? - Crelala sagt NICHTS!

PS: Vor langer Zeit einmal lernte man in der Schule, dass aus Kalkstein Marmor wird, aber wann und wo? Wieviel Druck braucht es, bis aus Kalkstein Marmor wird? Wieviel Temperatur? In welcher Tiefe kristallisiert Marmor. Wann entstehen die Bänder, sind es die Muscheln im Kalk, die Eisen, Graphit, Kupfer führten? War der Kalkstein des reinsten aller Marmore, des Carrara-Marmors schon bei seiner Ablagerung als Kalkschlamm im Meer weiss? - Fragen über Fragen... Spielt es eine Rolle? Oder sollte man sich einfach nur an der Schönheit der Erde erfreuen und staunen, was Menschen imstande sind aus dem zu erschaffen, was sie hervorgebracht hat. Crelala sagt, hört auf zu fragen, bei zu vielen Antworten verlernt man das Staunen. Und nur wer noch Staunen kann sieht Kunst, wo andere nur Steine sehen.